Dienstag, 1. September 2015

Würdelose Gier

Ist es vom menschlichen Verständnis her vertretbar, wenn so genannte antiquarische Zeitdokumente zu Höchstpreisen verhökert werden, obwohl es sich dabei wissentlich um Dokumente von Menschen handelt, die sie nur aufgrund des ihnen entstandenen Leids verfasst haben?

In Antiquariaten tauchen immer wieder Zeitdokumente auf, die zu horrenden Preisen angeboten werden. Wie z.B. in Hamburg ein solcher Händler einen Brief eines KZ-Häftlings aus Neuengamme von 1941 anbietet. Dafür werden mal eben €100 verlangt (zur Erinnerung, das entspricht etwa 200! Mark).

Schlimmer wiegt aber vielleicht noch mehr, dass dadurch dieser ehemalige Häftling öffentlich zur Schau gestellt wird.


Das ist aber kein Einzelfall. Vor allem in den USA wird mit originalen Zeitdokumenten aus der NS-Zeit ein reger Handel betrieben. Diese vermeintliche "Kriegsbeute", die im großen Umfang von amerikanischen GIs "gestohlen" wurden, sind immer noch lukrative Einnahmequellen. Selbst der damalige Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen, Robert Kempner, hat tonnenweise Dokumente nach sein zweites Zuhause in Amerika verbracht.

In Deutschland sollten seriöse Antiquariate vielleicht von vornherein einen anderen Weg suchen, indem sie derartige Artefakte den Gedenkstätten direkt (zu moderaten Preisen) anbieten. Damit wäre dann zumindest die Identität der betreffenden Person einigermaßen gewahrt. Das wird aber wahrscheinlich Utopie bleiben.

Die Würde eines Menschen ist eben doch antastbar.


Der Geruch des Gewinns ist gut, woher er auch kommt
(Publilius Syrus)

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