Freitag, 5. Juli 2013

Der Prozess gegen das SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA)

Es ist nicht allzu häufig vorgekommen, dass ein ehemaliger Neuengamme-Häftling in einem anderen Prozess, außerhalb der Britischen Zone, als gegenwärtiger Zeuge aufgetreten ist. Als die Amerikaner am 13. Januar 1947 im Nürnberger Justizpalast den Prozess gegen das WVHA eröffneten (der so genannte Pohl Case, der 4. Nürnberger Folgeprozess), trat im Verlauf des Prozesses ein ehemaliger Kapo in den Zeugenstand, der seine Aussage für den Mitangeklagten Karl Mummenthey machen wollte - sein Name: Helmut Bickel.

Dieser ehemalige Häftling ist eine skurrile Persönlichkeit. Aus heutiger Sicht ist es nicht nachvollziehbar, warum Bickel ausgerechnet für den Mann in den Zeugenstand getreten ist, der maßgeblich für die Zwangsarbeit in den Klinkerwerken und Steinbrüchen der KL verantwortlich gewesen ist. Es ist allerdings dokumentiert, dass Bickel sich freiwillig der amerikanischen Staatsanwaltschaft angeboten hat als Zeuge auszusagen, die aber hatte offenbar kein Interesse an ihm. Möglicherweise wurde so der Rechtsanwalt von Mummenthey - Dr. Georg Froeschmann - auf ihn aufmerksam. Sicher ist jedenfalls, dass Bickel an zwei Prozesstagen Aussagen gemacht hat (31.7. und 4.8.1947). Weder die Staatsanwaltschaft noch der Verteidiger dürften sich darüber bewusst gewesen sein, wenn sie im Zeugenstand vor sich hatten. Dieser Zeuge hatte bereits zu diesem Zeitpunkt ein Strafregister so lang wie eine Rolle Klopapier.

Bickel wurde auch nicht von der britischen Staatsanwaltschaft für den Neuengamme-Hauptprozess in Betracht gezogen, dagegen aber in einem Außenlager-Prozess als ein Zeuge der Verteidigung für den Hauptangeklagten Gerhard Poppenhagen aussagte (Leiter des Lagers Beendorf), und diesen als einen „anständigen SS-Offizier“ bezeichnete. Indes wurde Bickel von der britischen Militärverwaltung begünstigt. Das wiederum führte nach Kriegsende dazu, dass Bickel den üblichen Pass, als eines vermeintlich Verfolgten des Naziregimes, nicht bekommen konnte. Er selbst hat sich als politisch Verfolgter gesehen; da er aber Kapo gewesen ist, mit einer lattenlangen Karriere als Verbrecher, deutet es klar darauf hin, dass er als Berufsverbrecher im KL einsaß und den grünen Winkel getragen hat, und die Kriminellen wiederum waren für einen Ausweis des Komitees ehemaliger Verfolgter ausgeschlossen. Dennoch hat er offenbar ein gewisses Ansehen des Komitees genossen.

Hans Helmut Bickel wurde 1906 in München geboren. Bereits Anfang der zwanziger Jahre führten erste Straftaten zu Verurteilungen. Im Sommer 1930 trat er der NSDAP bei, kurze Zeit später wird er wieder ausgeschlossen. Erneuter Beitritt in die Partei 1933, ein Jahr später endgültige Ausschließung, anscheinend wegen seiner zahlreichen Vorstrafen. 1935 Verhaftung durch die Gestapo. 1939 Häftling in Sachsenhausen. 1940 Häftling in Neuengamme bis zur Befreiung, so jedenfalls hat Bickel es selbst bezeichnet, obwohl das Lager Neuengamme bereits bis zum 29. April evakuiert wurde. Daraus läßt sich schließen, dass zu dem Zeitpunkt, als die Engländer das Lager am 5. Mai 1945 erreichten, Bickel sich dort immer noch aufhielt, und er sich den Engländern aufdrängte; natürlich um mal wieder davon profitieren zu können, und tatsächlich wurde er von den Engländern bevorzugt behandelt, so dass er bereits im Sommer 1945 einen Gemüsehandel in der Hamburger Innenstadt betreiben konnte.

Eigentlich stand die Entlassung Bickel’s aus dem Lager Neuengamme am 5. Februar 1945 bevor, aber, so seine eigene Darstellung, ließ ihn der Kommandant Pauly nicht gehen. Seiner Wahrnehmung zufolge war es eine Demonstration der Machtverhältnisse zwischen Mummenthey, als Leiter der Abteilung W1 (Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH, kurz: DESt) im WVHA der SS, und dem Kommandanten von Neuengamme, Max Pauly. Ob das den Tatsachen entspricht bleibt zweifelhaft.

Bickel’s kriminelle Energie verstummte auch nach dem Krieg nicht. Er war ein umtriebiger Charakter, der stets nur seine eigenen Vorteile sah, und dabei skrupellos vorging. Es folgten zahlreiche Anklagen und Verurteilungen. Zu dem Zeitpunkt als Bickel in Nürnberg seine Aussagen machte, wohnte er in Hamburg-Bergedorf, in der Rathenaustraße 10 (heutige Justus-Brinckmann-Straße), also unweit vom ehemaligen KL Neuengamme. Und noch bevor er nach Nürnberg ging, gab es einen heftigen Krach zwischen ihm und dem damaligen Bezirksleiter der VVN in Bergedorf - Curt Bär. Dieser ehemalige Studienrat der Hansaschule, diffamierte Bickel derart, dass die VVN ihm den Ausweis abnahm und als politisch Verfolgter wurde er vom Komitee nicht länger anerkannt. Dieses Ressentiment von Bär war offenbar darauf zurückzuführen, dass er Gelder veruntreut hatte und Bickel maßgebliche Kenntnis davon gehabt hat.

Der Prozess in Nürnberg, in dem Bickel sehr geschwätzig von „seiner leidvollen“ KL-Zeit berichtete, andererseits aber auch mit welcher Bravour er diese Zeit überstanden hat, ohne dabei selbst Schaden genommen zu haben. Insofern erscheint es einem heute als narzisstische Selbstdarstellung mit sich ständig wiederholenden Monologen. Der Eindruck, der sich einem förmlich aufdrängt ist, dass Bickel gekränkt zu sein schien, dass man ausgerechnet ihn erwischt hatte, ins KL sperrte, wo er sich doch für so schlau gehalten hat. Am Ende versuchte er tatsächlich Mummenthey von seiner Mitschuld zu entlasten, indem er das häufig verwendete Argument in Kriegsverbrecherprozessen zum Ausdruck brachte, schuldig seien diejenigen, die diese Verbrechen am Schreibtisch skizziert hätten, und Mummenthey würde seiner Meinung nach nicht dazu gehören. Und Heydrich wäre überhaupt der schlimmste Mörder, obwohl der auch nie selbst Hand angelegt hat. Das Gericht war anderer Meinung und verurteilte den ehemaligen Obersturmbannführer Mummenthey zu zehn Jahren Gefängnishaft in Landsberg, Ende 1953 wurde er in Freiheit entlassen.

Sonntag, 5. Mai 2013

Die russischen Kriegsgefangenen des KL Neuengamme und die Ignoranz der historischen Aufarbeitung

Um es von vornherein ganz deutlich zu sagen, die Gedenkstätte Neuengamme hat keinerlei Interesse an der Aufarbeitung dieses Kapitels der russischen Kriegsgefangenen. Das ist, von der heutigen weitverbreiteten Sichtweise des Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes, ein Schlag ins Gesicht für die Hinterbliebenen - aber vor allem für jene Opfer selbst, denen niemand Gedenken kann, weil ihre Identitäten auf den Friedhöfen gar nicht zu finden sind, obwohl ihre Daten vorliegen. Für die Gedenkstätte Neuengamme sollte es oberstes Gebot sein, diesen unerträglichen Zustand Rechnung zu tragen und alles dafür zu tun, damit allen bekannten Opfern gedacht werden kann. Aber bei berechtigter Kritik an Dr. Garbe, gibt es dann nur proletarische Antworten: Das wäre nicht Sache der Gedenkstätte Neuengamme, sondern der Friedhofsverwaltung; außerdem wäre der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge dafür zuständig. Tatsache aber bleibt, dass diese sowjetischen Kriegsgefangenen im Konzentrationslager Neuengamme zu Tode gekommen sind. Wer kann dann noch ernsthaft davon sprechen, die Verantwortung läge nicht bei der Gedenkstätte Neuengamme?

Bei Gedenkveranstaltungen werden gerne große Reden geschwungen. Es darf niemals vergessen werden, was die Nationalsozialisten Menschen angetan haben, heißt es da. Die Erinnerung muss wachgehalten werden; selbst dann, wenn das Votum der Zeitzeugen verstummt ist. Das ist nichts weiter als Geheuchelt. Die Realität sind ganz anders aus. Die russischen Kriegsgefangenen von Neuengamme sind ein exemplarisches Beispiel für den Umgang mit den Toten. Kaum jemand interessiert sich dafür, eben weil es ja nur Russen sind. Die Nazis haben im Dritten Reich wirklich gute Propaganda geleistet, indem sie diese Volksverhetzung bis zum Exitus betrieben haben. Und in unserer heutigen Gesellschaft ist es immer noch weitverbreitet, dass Russen angeblich „Untermenschen“ seien. Dass aber selbst Gedenkstätten sich noch heute davon implizieren lassen, das kann man durchaus als latente Diskriminierung bezeichnen.

Die Gedenkstätte Neuengamme muß erst einmal den Beweis dafür erbringen, dass sie sich öffentlich dazu bekennt, dieses Kapitel korrigieren zu wollen. Allerdings ist zu befürchten, dass Dr. Garbe und seine Knechte nicht den Schneid dafür haben.

Das ist aber noch nicht alles was im historischen Zusammenhang zu den russischen Kriegsgefangenen „faul“ ist. Wer sich die Bronzetafel auf dem Bergedorfer Friedhof anschaut, der kann dort nachlesen, dass diese Kriegsgefangenen im Oktober 1941 aus dem Kriegsgefangenenlager Fallingbostel zum KL Neuengamme gebracht wurden. Der Text auf der Bronzetafel stammt von Alfred Dreckmann, ehemaliger Leiter des Bergedorfer Museums. Seine Recherchen waren allerdings nicht besonders gründlich. Schon seit langem war bekannt, dass die Kriegsgefangenen aus einem Stalag im damaligen Wehrkreis X stammten. Daher ist es keineswegs nachvollziehbar, weshalb die Gedenkstätte Neuengamme diesen groben Fehler auf der Bronzetafel toleriert.

Aber auch die gängige Behauptung, die Tausend Kriegsgefangenen wären aus einem Stalag in der Lüneburger Heide nach Neuengamme gekommen, ist falsch. Hierbei spielt es eine gewichtige Rolle, dass zum einen keine wissenschaftliche Forschungsarbeit zu diesem Thema vorliegt; d.h. wenn die Gedenkstätte Neuengamme von außerhalb damit konfrontiert wird, dass die historische Geschichte zur Herkunft der Kriegsgefangenen, als auch das Gedenken an die Opfer, einen erheblichen Missstand aufweist, dann wird das fein säuberlich, mit akademischer Arroganz, ignoriert, weil die Damen und Herren Studierten derart hochnäsig sind, dass es ihr Ego nicht zulässt, einen durchaus freundlich gemeinten Einwand anzunehmen.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die russischen Kriegsgefangenen vom Stalag XB Sandbostel nach Neuengamme transportiert wurden. Selbst der Geschäftsführer der Gedenkstätte Lager Sandbostel (Andreas Ehresmann) ist nicht in der Lage etwas gegenteiliges darzulegen. Vielmehr verweist er aus eigener Unfähigkeit an einen Historiker, der sich damit mal nebenbei beschäftigt hat; aber auch er kann keine stichhaltigen Beweise vorlegen. Keiner kann etwas gegenteiliges behaupten, denn die Unterlagen der ehemaligen Wehrmachtauskunftsstelle legen präzise offen, woher die Kriegsgefangenen tatsächlich stammten. Nüchtern betrachtet hat das keinen besonderen Aspekt, ob die Kriegsgefangenen aus Fallingbostel, Wietzendorf oder Sandbostel kamen. Aber die seriöse Wissenschaft muss klare Beweise erbringen, wie die historischen Ereignisse stattgefunden haben. Und genau das hat die Gedenkstätte Neuengamme bis heute nicht getan (und wird sie auch in Zukunft nicht tun), obwohl die Historiker dazu fähig sein müssten. Vielleicht.

Wenn Menschen sich in der Gedenkstättenarbeit einsetzen, unabhängig davon ob es „einfache“ Bürger sind, Ehrenamtliche (die sowieso keinerlei Rechte haben), oder Freie Mitarbeiter; in dem Moment wo die Gedenkstätte Neuengamme von solchen Mitarbeitern kritisiert wird, gibt es keine Kollegialität mehr. Diesen Menschen wird dann ganz schnell die Mitarbeit gekündigt. Bei der Gedenkstätte Neuengamme „regiert“ nämlich eine Diktatur: Und die setzt sich vor allem aus dem Kollektiv Garbe, Herbert Diercks und Reimer Möller zusammen. Da die Gedenkstätte Neuengamme ständig einen Mangel an Mitarbeitern hat, ist es umso mehr beschämend, wie sie mit ihren eigenen Leuten umgeht. Außenstehende wissen natürlich nichts von derartigen Ereignissen, die sich hinter den Kulissen abspielen. Euro-Jobber, die maßlos von der Gedenkstätte ausgebeutet worden sind, obwohl bekannt gewesen ist, dass es sich dabei um Menschen mit Behinderung gehandelt hat; Ehrenamtliche werden schikaniert und wie zweitklassige Menschen behandelt; Freie Mitarbeiter, die sich weigern Führungen mit Bundeswehrangehörigen zu machen, werden ebenso diskreditiert und zu Tätern stigmatisiert.

In der Gedenkstättenarbeit sollte es immer um Menschlichkeit gehen. Das scheint sich aber nur auf Betroffene oder Hinterbliebene zu beziehen. Wer als Mitarbeiter der Gedenkstätte nicht spurt, und wer eine gegenteilige Meinung hat, der wird angefeindet, bis er selbst die Gedenkstätte verlässt, oder er wird gemobbt. Kommt uns das allen nicht irgendwie bekannt vor? Hat es so etwas vor nicht wirklich allzu langer Zeit schon einmal gegeben?

Das Wort der Zeitzeugen wird bald verstummt sein. Keiner der Betroffenen kann dann das Wort erheben, wenn wieder einmal merkwürdige politische Entscheidungen über die Gedenkstätte Neuengamme getroffen werden. Diese Angst grassiert selbst unter Mitarbeitern der Gedenkstätte, vor allem unter den Festangestellten. Für die historische Geschichte, und für das Ansehen der Opfer, wäre es traurig, wenn die Gedenkstätte Neuengamme irgendwann geschlossen werden würde. In Anbetracht der Unmenschlichkeit, die Mitarbeitern der Gedenkstätte Neuengamme entgegen gebracht wird, wäre es eventuell angemessen, diesen „müden Laden“ (O-Ton Max Pauly) in geraumer Zeit zu schließen. Vielleicht kommen dann die Verantwortlichen wieder zur Besinnung.

 Und dann auch das noch …

Der Freundeskreis Neuengamme e.V. diskriminiert Menschen!

Was treibt Menschen dazu, andere Menschen zu verunglimpfen? Menschen die diesem Verein gar nicht persönlich bekannt sind. Darüber wird einfach so gerichtet. Reine Willkür. Es scheint sich dabei um die weitverbreitete "Gedenkstätte Neuengamme Krankheit" zu handeln. Denn seit eh und jeh, wie ich an anderer Stelle bereits mehrfach betont habe, werden in Neuengamme Menschen diskreditiert, die der Gedenkstätte und ihren zugehörigen Organisationen zu engagiert sind, und den Historikern den Rang ablaufen könnten. Solche Leute sind in Neuengamme unerwünscht, und werden kriegerisch bekämpft, wie Unkraut, das vernichtet werden muss. Dazu gesellt sich nun auch der Freundeskreis Neuengamme e.V.


Donnerstag, 25. April 2013

Dienstalterslisten

Die Dienstalterslisten der Schutzstaffel der NSDAP stellten sich nach dem Zweiten Weltkrieg als hilfreiche Dokumente zur Ermittlung von Kriegsverbrechern dar. Diese Listen waren unwiderlegbar, und damit auch die Zugehörigkeit zu nationalsozialistischen Dienststellen wie neben der SS auch Gestapo, SD, RuSHA, KL, WVHA, Junkerschulen, Standarten etc.
Das hier runterladbare Namensregister enthält auf über zweihundert Seiten alle Namen der DALs von 1934 bis 1938; mit dem Hauptaugenmerk auf KL-Offiziere.

Samstag, 26. Januar 2013

Das missverstandene „Hakenkreuz“


Die nachfolgende Darstellung ist eine Überarbeitung dieses Artikels, da ich nunmehr davon überzeugt bin, daß diese „Hakenkreuze“ nicht aus der NS-Zeit stammen können. Außerdem hat die Gedenkstätte Neuengamme in letzter Zeit versucht Aufklärung zu diesem Kapitel zu betreiben, die aber zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat.

Das ehemalige Lager der SS innerhalb des Konzentrationslagers Neuengamme ist von der geschichtlichen und auch wissenschaftlichen Betrachtung her ein Fall für sich. Es wird wenig Aufklärungsarbeit betrieben, weil die Gedenkstätte die Meinung vertritt, dass diese Gruppierung der SS viel Unheil über die Menschheit gebracht hat und deshalb wird das Thema SS bei Führungen über das Gelände gerne ausgeklammert. Die SS hat, ohne jeglichen Zweifel, unglaubliche Verbrechen begangen, ebenso in Neuengamme. Um das gesamte System eines KL zu verstehen bedarf es allerdings einer vollständigen Erklärung. Ich will hier nicht die Arbeit der Pädagogen und Wissenschaftler übernehmen, dennoch empfinde ich es als Geschichtsverfälschung, wenn ein Stück Schmiedearbeit als Relikt der Nationalsozialisten hingestellt wird.

Bei den ehemaligen SS-Garagen befindet sich auch heute noch ein kleines flaches Gebäude, und daneben befand sich eine kleine Tankstelle. Ursprünglich befand sich auf der westlichen Seite ein kleines Fenster; kleiner als wie die später hinzugefügten Fenster mit Gittern, welche heutzutage als nationalsozialistische Hakenkreuze ausgewiesen werden.

Zur damaligen Zeit war das SS-Lager ein Hochsicherheitstrakt in das man weder rein noch raus kam ohne eine schriftliche Genehmigung zu haben. Warum also sollte man vor einem unbedeutenden Gebäudefenster ein derartiges Eisengitter anbringen? Zumal dieses vermeintliche Kreuz seine gedrehten „Haken“ auch noch verkehrt herum trägt. Die Antwort liegt dort begraben, wo die Aufarbeitung der Geschichte eigentlich anfangen sollte, nämlich das nicht alles was nach SS ausschaut auch tatsächlich mit der SS zu tun hat. Daher kann es keinen Zweifel geben, dass diese Gitter zu einer Zeit angebracht wurden, als sich auf dem Gelände des ehemaligen KL Neuengamme ein Gefängnis befunden hat, also nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch auf Fotos aus der Nazizeit sind keinerlei Gitter zu erkennen. Ein Foto, welches angeblich aus dem Besitz des ehemaligen Häftlings Günther Wackernagel stammen soll, wird auf 1947 datiert. Auf diesem Foto ist auch die kleine Allee zu sehen, die vom Lagereingang zu den SS-Garagen führt. Von 1940 bis 1945 wurden die Flanken dieses Wegs immer wieder unterschiedlich bepflanzt. Die hohen Pappeln die heute vorhanden sind stammen aber nicht aus dieser Zeit und auch nicht aus der Internierungszeit. Aber auf diesem Foto sind Bäume zu sehen, die etwa eine Höhe von 3-4 Metern haben. D.h. das Foto entstand etwa in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre. Des Weiteren zeigt das Foto einiges an Gerümpel das an diesem Gebäude herumliegt und die Regenrinne ist teilweise ramponiert. So etwas hätte die SS bzw. der Kommandant bestimmt nicht geduldet.

Die zwei Fenster nach Osten und Norden wurden definitiv später in das Gebäude eingesetzt; und die Vergitterungen noch später. Dafür sprechen die im Mauerwerk sichtbaren Modifikationen.

Ein weitere Idee wie es zu diesen „Haken“ gekommen sein könnte ist, dass die Fenster in einer ähnlichen Art vergittert wurden (vor Kriegsende), wie sie heute noch im Klinkerwerk vorhanden sind (und auch in den SS-Garagen selbst gab es derartige Fenstergitter), und dass die gedrehten „Haken“ später hinzugefügt wurden.

Das Gebäude hatte in der NS-Zeit wahrscheinlich kaum eine bedeutende Funktion. Erst 1944 wurde das Gebäude umgebaut zu der Größe die es heute noch hat, wobei die Nutzung unklar ist. Damit verschwand aber auch das kleine Fenster. Es dürfte damit klar sein, daß dann die größeren Fenster eingesetzt worden sind.

Mit den bis heute vorhandenen Fotos läßt sich der Zeitraum, wann die Gitterkreuze hinzugefügt worden sind, nicht bestimmend nachweisen. Die Engländer hätten derartige Gitterkreuze nicht zugelassen oder geduldet, schließlich galten die Internierungslager auch der Umerziehung ihrer Insassen. Daher wäre es ein ziemlicher Widerspruch, wenn sie gleichzeitig eine faschistische Symbolik idealisiert hätten.

Die Verantwortung für die Anbringung dieser „Hakenkreuze“ kann meiner Meinung nach nur bei der Hamburger Gefängnisbehörde liegen.