Samstag, 26. Januar 2013

Das missverstandene „Hakenkreuz“


Die nachfolgende Darstellung ist eine Überarbeitung dieses Artikels, da ich nunmehr davon überzeugt bin, daß diese „Hakenkreuze“ nicht aus der NS-Zeit stammen können. Außerdem hat die Gedenkstätte Neuengamme in letzter Zeit versucht Aufklärung zu diesem Kapitel zu betreiben, die aber zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat.

Das ehemalige Lager der SS innerhalb des Konzentrationslagers Neuengamme ist von der geschichtlichen und auch wissenschaftlichen Betrachtung her ein Fall für sich. Es wird wenig Aufklärungsarbeit betrieben, weil die Gedenkstätte die Meinung vertritt, dass diese Gruppierung der SS viel Unheil über die Menschheit gebracht hat und deshalb wird das Thema SS bei Führungen über das Gelände gerne ausgeklammert. Die SS hat, ohne jeglichen Zweifel, unglaubliche Verbrechen begangen, ebenso in Neuengamme. Um das gesamte System eines KL zu verstehen bedarf es allerdings einer vollständigen Erklärung. Ich will hier nicht die Arbeit der Pädagogen und Wissenschaftler übernehmen, dennoch empfinde ich es als Geschichtsverfälschung, wenn ein Stück Schmiedearbeit als Relikt der Nationalsozialisten hingestellt wird.

Bei den ehemaligen SS-Garagen befindet sich auch heute noch ein kleines flaches Gebäude, und daneben befand sich eine kleine Tankstelle. Ursprünglich befand sich auf der westlichen Seite ein kleines Fenster; kleiner als wie die später hinzugefügten Fenster mit Gittern, welche heutzutage als nationalsozialistische Hakenkreuze ausgewiesen werden.

Zur damaligen Zeit war das SS-Lager ein Hochsicherheitstrakt in das man weder rein noch raus kam ohne eine schriftliche Genehmigung zu haben. Warum also sollte man vor einem unbedeutenden Gebäudefenster ein derartiges Eisengitter anbringen? Zumal dieses vermeintliche Kreuz seine gedrehten „Haken“ auch noch verkehrt herum trägt. Die Antwort liegt dort begraben, wo die Aufarbeitung der Geschichte eigentlich anfangen sollte, nämlich das nicht alles was nach SS ausschaut auch tatsächlich mit der SS zu tun hat. Daher kann es keinen Zweifel geben, dass diese Gitter zu einer Zeit angebracht wurden, als sich auf dem Gelände des ehemaligen KL Neuengamme ein Gefängnis befunden hat, also nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch auf Fotos aus der Nazizeit sind keinerlei Gitter zu erkennen. Ein Foto, welches angeblich aus dem Besitz des ehemaligen Häftlings Günther Wackernagel stammen soll, wird auf 1947 datiert. Auf diesem Foto ist auch die kleine Allee zu sehen, die vom Lagereingang zu den SS-Garagen führt. Von 1940 bis 1945 wurden die Flanken dieses Wegs immer wieder unterschiedlich bepflanzt. Die hohen Pappeln die heute vorhanden sind stammen aber nicht aus dieser Zeit und auch nicht aus der Internierungszeit. Aber auf diesem Foto sind Bäume zu sehen, die etwa eine Höhe von 3-4 Metern haben. D.h. das Foto entstand etwa in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre. Des Weiteren zeigt das Foto einiges an Gerümpel das an diesem Gebäude herumliegt und die Regenrinne ist teilweise ramponiert. So etwas hätte die SS bzw. der Kommandant bestimmt nicht geduldet.

Die zwei Fenster nach Osten und Norden wurden definitiv später in das Gebäude eingesetzt; und die Vergitterungen noch später. Dafür sprechen die im Mauerwerk sichtbaren Modifikationen.

Ein weitere Idee wie es zu diesen „Haken“ gekommen sein könnte ist, dass die Fenster in einer ähnlichen Art vergittert wurden (vor Kriegsende), wie sie heute noch im Klinkerwerk vorhanden sind (und auch in den SS-Garagen selbst gab es derartige Fenstergitter), und dass die gedrehten „Haken“ später hinzugefügt wurden.

Das Gebäude hatte in der NS-Zeit wahrscheinlich kaum eine bedeutende Funktion. Erst 1944 wurde das Gebäude umgebaut zu der Größe die es heute noch hat, wobei die Nutzung unklar ist. Damit verschwand aber auch das kleine Fenster. Es dürfte damit klar sein, daß dann die größeren Fenster eingesetzt worden sind.

Mit den bis heute vorhandenen Fotos läßt sich der Zeitraum, wann die Gitterkreuze hinzugefügt worden sind, nicht bestimmend nachweisen. Die Engländer hätten derartige Gitterkreuze nicht zugelassen oder geduldet, schließlich galten die Internierungslager auch der Umerziehung ihrer Insassen. Daher wäre es ein ziemlicher Widerspruch, wenn sie gleichzeitig eine faschistische Symbolik idealisiert hätten.

Die Verantwortung für die Anbringung dieser „Hakenkreuze“ kann meiner Meinung nach nur bei der Hamburger Gefängnisbehörde liegen.