Sonntag, 27. August 2017

Neuengamme Hauptprozess (Frühjahr 1946)


Bislang gibt es nur ein britisches Kriegsverbrecherverfahren im Internet (abgesehen von dem Verfahren des Neuengamme-Aussenlagers Schandelah, das jedoch unvollständig im Netz zu finden ist; in einer deutsch-übersetzten Zusammenfassung) - der Belsen-Prozess, der wiederum etwas aus dem Rahmen fällt, da nicht nur das Gericht und Staatsanwaltschaft aus juristischem Armee-Personal bestand, sondern auch die Verteidiger der Angeklagten waren Engländer.

Beim Neuengamme-Prozess war das anders. Die deutschen Kriegsverbrecher wurden von deutschen Rechtsanwälten vertreten. Auf das Endergebnis hatte das keinen Einfluß.

Ein Mitarbeiter der Gedenkstätte Neuengamme meinte einmal, daß das Potential, inbesondere der Konzentrationslagerprozesse, von der Wissenschaft bislang nicht angemessen erkannt worden ist. Und das ist vollkommen richtig. Denn auch in der Literatur gibt es nicht ein Verfahren welches vollständig aufbereitet und zugänglich gemacht wurde.

So ein Projekt ist ziemlich aufwendig. Die Mitschriften der größeren KL-Prozesse sind sehr umfassend, wie auch beim Neuengamme-Hauptprozess. Die Digitalisierung ist nur ein Teil davon; die Überarbeitung des kompletten Textes ist nervenaufreibend. Zudem müssen Namen und Orte identifiziert werden, die im Protokoll meistens falsch geschrieben sind. Und letztendlich muß das Ganze am Ende in ein Layout verpackt werden. Das alles sind jedoch nur einzelne Schritte der Aufbereitung. Was dann vielleicht noch aufwendiger wäre ist die wissenschaftliche Kommentierung dieses Verfahrens.

Ich habe eine ganze Reihe von Jahren damit verbracht das Gerichtsprotkoll adäquat aufzubereiten. Die letzte Fassung ist m.E. nahezu fehlerfrei, was den Text angeht. Natürlich liegt mir sehr viel daran, daß dieses aufschlußreiche Gerichtsprotokoll für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden sollte. Und ich glaube daß auch die Wissenschaft eine Publizierung begrüssen würde. Es würde zumindest den Anstoß für die Aufarbeitung weiterer KL-Prozesse liefern.

Originalseite der Prozessmitschrift

Da ich meine Aufbereitung des Neuengamme-Prozesses für druckreif halte, habe ich es Detlef Garbe natürlich angeboten (unentgeltlich). Es ist nur leider so, daß Garbe diesen 1200seitigen Prozess wissenschaftlich kommentieren will. Das ist einerseits nachvollziehbar. Andererseits unrealistisch. Denn wer die Personalzustände in Neuengamme kennt, der weiß auch daß so etwas wahrscheinlich zehn oder mehr Jahre dauern würde. Eine Kommentierung halte ich persönlich nicht für zwingend erforderlich, allein schon wegen des zeitlichen Aufwandes könnte eine ausführliche Einleitung einen ähnlichen Zweck erfüllen.

Digitalisierte Relevanz

Leider scheint die Gedenkstätte Neuengamme kein wirkliches Interesse an einer Veröffentlichung dieses Verfahrens zu haben. Ebensowenig wie die Landesstelle für politische Bildung, die zwar zunächst recht interessiert daran gewesen ist, aber nachdem die Leiterin der Landesstelle mit Garbe gesprochen hat, wurde plötzlich jegliche Kommunikation ohne Begründung eingestellt. Der offensichtliche Grund ist, dass Garbe mal wieder gegen mich gehetzt hat!

Auf diese Art und Weise wird der Neuengamme-Prozess in seiner Komplexität natürlich niemals das Licht der Welt erblicken. Das ist schade und zugleich eine Schande!

Sicherlich könnte ich diese Prozessmitschrift hier zum runterladen anbieten. Aufgrund respektloser Missachtung meiner Arbeit durch die Gedenkstätte Neuengamme ist das leider nicht möglich.