Samstag, 28. April 2012

Das angebliche „SS-Album“

Seit mehreren Jahrzehnten grassiert im Bereich der wissenschaftlichen Aufarbeitung zum ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme der Name Heinrich Masseth. Ihm hat man bis heute das vermeintliche „SS-Album“ attestiert, obwohl Masseth selbst mit der SS nichts zu tun gehabt hat, denn er war einer der Häftlinge von Neuengamme mit grünem Winkel. Eine öffentliche Darlegung, unter welchen Umständen die Kulturbehörde 1981 diese Fotos erhalten hat, gibt es nicht. Daher ist die nun folgende These rein hypothetisch, und sorgt vielleicht dafür, dass diese Lücke von offizieller Seite her geschlossen werden kann.

Die Fotos, die die SS von ca. 1940 bis 1944 in Neuengamme aufgenommen hat (mit ein paar wenigen Ausnahmen, die definitiv nicht aus Neuengamme stammen), sind symptomatisch für alle Konzentrationslager bzw. der Nationalsozialisten. Insbesondere sei hier Karl Koch genannt, der von jedem Lager, in dem er Kommandant gewesen ist, zahlreiche Fotos machen ließ, um damit seine Arbeit als Kommandant und als Narzisst zu kommentieren. Wer jedoch die SS-Fotos von Neuengamme tatsächlich gemacht hat ist unbekannt; ab 1942 eventuell Josef Schmitt. Bekannt hingegen ist, dass zahlreiche Fotos existent sind, die in irgendeinem Aktenschrank der Kommandantur aufbewahrt wurden. Heinrich Masseth wusste davon offenbar, und hat diese Fotos (in Kollaboration mit Peter Ernst) schlichtweg „gestohlen“. Möglicherweise gehörte er zum Räumkommando, welches nach der Evakuierung am 29. April 1945 im Lager verblieb, um sämtliche Lagerdokumente zu verbrennen, und dabei sind ihm diese Fotos in die Hände gefallen. Mit diesem „Schatz“ machte sich Masseth davon und fertigte sich sein eigenes Fotoalbum mit persönlichen Bemerkungen seiner „erlittenen“ Lagerzeit in Neuengamme an.

Die Fotos weisen einen Stempel in französischer und englischer Sprache auf („International Information-Advertisement and Publication-Bureau for Concentration Camp literature), der auch den Namen von Masseth trägt, aber auf fast allen Fotos nachträglich kaschiert wurde. Aus welchem Grund diese Signierung vorgenommen wurde, und was es damit genau auf sich hat, ist unklar. Ich halte es für eine Vortäuschung falscher Tatsachen - denn derartige historische Fotos mit einer fiktiven Signatur ließen sich so seinerzeit lukrativ veräußern. Ein solches Verhalten wäre dann auch für einen Berufsverbrecher, wie Masseth nachweislich einer gewesen ist, kein Wunder. Ratio terminalis wäre es auch eine Erklärung dazu, warum die Hamburger Kulturbehörde bislang nicht begründet hat, von wem sie die SS-Fotos bekommen hat.

Heutzutage befindet sich dieses Fotoalbum im Panzerschrank des Archivs Neuengamme.

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