Samstag, 14. Januar 2017

Rathausausstellung 2017


Manchmal sind die Herrschaften der Gedenkstätte Neuengamme doch nicht ganz so doof wie sie ausschauen :) Jedenfalls sind die Schautafeln der Rathausausstellung vom 19.1.2017-9.2.2017 auch im Internet verfügbar. Sicherlich wird die Ausstellung im Anschluß auch in der Hauptausstellung bei der Gedenkstätte Neuengamme zu sehen sein.

Für diejenigen, die jedoch nicht nach Hamburg kommen können, sind 48 Tafeln der Rathausausstellung “Die Hamburger Curiohaus-Prozesse. Kriegsverbrechen vor britischen Militärgerichten” über das Offene Archiv erreichbar, bzw. runterladbar (ca. 285MB).

Gute Sache.



Zu einigen dieser Tafeln muss besonders hingewiesen werden, weil sie entweder inhaltlich nicht richtig sind, bzw. Dinge behauptet werden, die nicht nachweisbar sind. Also lediglich eine Mutmaßung darstellen.

Zunächst die Tafel 35. Die Datei lässt sich zwar runterladen, allerdings ist sie ohne Inhalt. Die Datei ist offenbar korrupt (348 Bytes). Update! Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat es die Gedenkstätte nicht geschafft, die mangelhafte Datei auszutauschen. Siehe hier.
Wow! Nach etlichen Monaten ist die mangelhafte Datei nun endlich online. Wahnsinnsleistung!

Tafel 4. Auf dem Foto rechts unten ist angeblich Paul Staszek zu sehen, der im Hof des Altonaer Gefängnisses den Hauptange-klagten im ersten Neuengamme-Prozess Wilhelm Warnke identifiziert. Aus dieser Aufnahme-Perspektive ist nicht erkennbar auf wen Staszek tatsächlich zeigt. Das Profil des vermeintlichen Warnke lässt einen definitiven Rückschluss auf seine Identität nicht zu. Außerdem ist die ganze Situation sowieso fragwürdig, da die Angeklagten im ersten Neuengamme-Prozesse erst dann in das Altonaer Gefängnis gebracht wurden, als der Hauptprozess begann. Die Anklage gegen Warnke war also längst manifestiert.

Tafel 7. Links letzter Absatz ist noch eine Korrekturmarke von Frau Beßman zu sehen. Kein Drama. Hat dort aber nichts zu suchen.

Tafel 9. Links letzter Absatz. Die Gesamtzahl der Verfahren zum Stammlager Neuengamme einschließlich Außenlager wird dort mit 33 angegeben. Definitiv sind es jedoch 37.

Die Anzahl der männlichen- und weiblichen Angeklagten wird dort mit 99 und 19 angegeben. Definitiv sind es 107 Männer und 21 Frauen.

Was bei diesen Zahlen nicht berücksichtigt wurde ist, dass auch die Verfahren “Tesch & Stabenow” wegen Zulieferung von Zyklon B an das KL Neuengamme, und das 1. Fuhlsbüttel-Verfahren wegen der Evakuierung des Lagers und der Ermordung von 71 Häftlingen aus dem Gefängnis Fuhlsbüttel hätten mit einfließen müssen. Und selbst wenn nicht, stimmen die angegebenen Zahlen auf der Tafel nimmer.

Tafel 12. Bildunterschrift zu Rechtsanwalt Müller. Aus den Prozessunterlagen geht klar und deutlich hervor, dass er nicht Rudolf sondern Reimbert heißt.

Tafel 13. Das Gruppenfoto in der Mitte zeigt angeblich wie angegeben Wilhelm Bahr. Kann sein. Interessant ist ein weiteres Foto wo Himmler und Eicke (1941 oder 42) zu sehen sind, und wo im Hintergrund ein Soldat der Waffen-SS in die Kamera grinst, der eine frappierende Ähnlichkeit zu Bahr erkennen lässt. Dienstrangmäßig passt es allerdings nicht zueinander.

Weiterhin Tafel 13. Links letzter Absatz. Die drei zu zeitigen Gefängnisstrafen Verurteilten aus dem Neuengamme Hauptprozess wären bereits 1954 in Freiheit gekommen stimmt nicht ganz. Karl Totzauer war der letzte Verurteilte der aus der Haft vorzeitig entlassen wurde; aber erst 1958.

Tafel 17. Bildunterschrift unteres Foto Mitte. Dort wird beschrieben, dass nach dem öffnen einer Büchse Zyklon B die Blausäure sofort austreten würde. Richtig hingegen muss es lauten, dass die Kristalle erst dann ihre tödliche Substanz freigeben, wenn sie mit Wärme in Berührung kommen. (Der Ofen der 1942 im Bunker von Neuengamme installiert wurde, hatte ja nicht den Zweck, dass es den Gefangenen mollig gemütlich sein sollte, sondern es war eine Vorkehrung für die Massenermordung mit Zyklon B an sowjetischen Kriegsgefangenen.)


Natürlich gibt auch wieder eine Begleit-Broschüre mit Texten, Fotos und Dokumenten der Ausstellung.

Diese Broschüre wurde von der Bundesregierug Deutschlands unterstützt, daher ist der Preis von 5€ etwas vermessen. Bislang kosteten diese Broschüren, sofern sie politisch unterstützt wurden, gerade einmal 2€. Die Auflage ist auf 1000 Stück begrenzt.